Viele neue StartUps hatten auch schon ohne Corona Schwierigkeiten, mit ihrem Geschäftsmodell durchzustarten oder für ihre Idee eine Finanzierung zu bekommen. Die Krise verschärft die Bedingungen zur Gründung von Unternehmen nun jedoch zusätzlich. In Zeiten brachliegender Wirtschaft ohne Aussicht auf schnelles Wachstum ist zu befürchten, dass sich viele StartUps in ganz Deutschland die Firmengründung sehr genau überlegen werden.
Glücklich ist, wer noch nicht gegründet hat
Viele Gründer haben bereits vor ein bis zwei Jahren damit begonnen, ihre StartUp Idee umzusetzen, als die derzeitige Entwicklung noch nicht absehbar war. Wer damals in seiner Risiko-Analyse vermerkt hätte, dass eine weltweite Pandemie die Existenz des Unternehmens ernsthaft gefährden könnte, wäre wohl für verrückt erklärt worden. Das wäre in etwa vergleichbar, als hätte man seine Geschäftsidee durch den Einschlag eines Meteoriten bedroht gesehen.
In der Gründerszene herrscht derzeit die Meinung vor, dass sich jeder glücklich schätzen kann, der bisher noch nicht an den Start gegangen ist. Denn bei vielen Investitionen ist bereits jetzt abzusehen, dass die dafür aufgenommenen Kredite ohne entsprechende externe Hilfen nicht mehr zurückgezahlt werden können. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis vielen schlicht und einfach das Kapital zur Gänze wegschmilzt. Somit steht zu befürchten, dass die Zahl der Pleiten unter den StartUps auch in den kommenden Jahren noch sehr hoch sein wird.
Vor allem Social StartUps haben es derzeit schwer. Denn die meisten dieser Unternehmen erwirtschaften keinen Gewinn und haben komplizierte Geschäftsmodelle. Doch sie helfen genau jenen Menschen in der Gesellschaft, die auch schon vor Corona die Unterstützung am Notwendigsten hatten. Dazu zählen unter anderem Langzeitarbeitslose oder Projekte, die behinderte Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren wollen. Doch wenn das Geld ohnehin bereits überall knapp ist, sind Kapitalgeber noch weniger bereit, in sozial sinnvolle Projekte mit schwachen Renditeaussichten zu investieren.
Die Situation bei Corona-Hilfen für StartUps ist undurchsichtig
Die deutsche Bundesregierung hat zwar ein entsprechendes Maßnahmenprojekt ins Leben gerufen, das vor allem kleinen Unternehmern, die ohne StartUp Investment auskommen mussten, unter die Arme greifen soll. Doch wie das Geld letztendlich vergeben wird, liegt im Entscheidungsspielraum der Bundesländer. Genau das sorgt in der Gründerszene für große Verwirrung. Laut einer Umfrage von Bitkom, die Ende Juni 2020 durchgeführt wurde, kritisieren mittlerweile 63 Prozent der befragten StartUps, dass die Politik zu wenig unternimmt, um gefährdete Neugründer zu unterstützen.
Viele Unternehmer können nicht verstehen, dass es einen Unterschied macht, ob man als Standort für sein StartUp Osnabrück, Köln, Hamburg oder München auserkoren hat. Tatsächlich ist es aber so, dass der Höchstbetrag, die Beteiligungsform, die Verzinsung und auch die Rückzahlung von der jeweiligen Region abhängig sind.
Unterstützung durch die KfW
Die KfW bietet im Rahmen der KfW-Corona-Hilfe auf ihrer Plattform Kredite für alle Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler an, die durch Corona in eine finanzielle Schieflage geraten sind. Damit können zwar die Liquidität verbessert und laufende Kosten zu günstigen Kreditkonditionen gedeckt werden, dennoch ist zu berücksichtigen, dass auch diese Kredite irgendwann zurückbezahlt werden müssen.
Wer bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand steht und nach mehreren Finanzierungsrunden mit Banken und Venture-Capital-Gebern sein Limit voll ausgereizt hat, wird sich schwer damit tun, nun auch noch einen weiteren Kredit zu bedienen.
Beispielsweise ehemals erfolgreiche StartUps, die bereits seit mindestens Januar 2019 am Markt sind und mehr als zehn Mitarbeiter haben, können den sogenannten KfW-Schnellkredit beantragen, wenn sie aufgrund der Corona-Krise in finanzielle Schieflage geraten sind. Der maximale Kreditbetrag liegt hier bei 25 Prozent des Jahresumsatzes, der im Jahr 2019 erzielt wurde. Für die Rückzahlung wird ein Zeitraum von bis zu zehn Jahren eingeräumt, die ersten zwei Jahre ist keine Tilgung erforderlich. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass in den vergangenen Geschäftsjahren seit der Gründung ein Gewinn erzielt wurde. Die Zahl der in Frage kommenden Start-Ups schrumpft also auch hier gleich wieder auf ein Minimum. Fazit: Vieles, was in der Theorie zunächst gut klingt, besteht den Praxistest für StartUps leider nicht.
Die Situation in der Region Weser Ems
Wer regelmäßig die Wirtschaftsnachrichten weser-ems-wirtschaft.de verfolgt, der weiß, dass die Situation beispielsweise in Oldenburg und Osnabrück ähnlich aussieht wie im kompletten Bundesgebiet. Doch bei vielen Pionieren herrscht nach wie vor gute Stimmung und Optimismus. Das liegt vor allem an den guten Rahmenbedingungen, die in Teilen der Region geboten werden.
Wer für sein StartUp Osnabrück als Standort auserkoren hat, kann beispielsweise auf die Unterstützung von Seedhouse zählen. Dabei handelt es sich um ein Accelerator Programm für StartUps mit Agrar-, Food- oder Digitalisierungsideen, das vom Land Niedersachsen und zahlreichen Partnern aus dem Wirtschaftsraum Osnabrück unterstützt wird. Neben festen Programmpunkten legen die Betreiber vor allem Wert darauf, dass die Unterstützung so individuell und flexibel wie möglich ist und an die jeweilige Gründungsidee angepasst wird.
Das Go! StartUp Zentrum in Oldenburg besteht aus einem Netzwerk aus Akteuren der Bereiche Energie, Gesundheit, Nachhaltigkeit und Digitalisierung und bietet so StartUps den direkten Zugang zu Experten, Mentoren und Investoren. Zusätzlich kann der Standort auch als Co-Working-Space verwendet werden und schafft so einen Treffpunkt für die Gründer-Community in Oldenburg. Zweimal jährlich haben hier StartUps die Möglichkeit, an einem insgesamt sechsmonatigen Programm teilzunehmen und gemeinsam mit Experten aus allen relevanten Bereichen das eigene Produkt oder die Dienstleistung zur Marktreife zu bringen.
Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos
An der derzeitigen Lage gibt es nichts zu beschönigen. Viele StartUps werden unverschuldeterweise wieder vom Markt verschwinden, weil ihr Geschäftsmodell durch das Corona-Virus schlicht und einfach zerstört wurde.
Doch es gibt auch StartUps, die es geschafft haben, aus der Not eine Tugend zu machen und innerhalb kürzester Zeit ihre komplette Strategie zu erneuern. Wer es jetzt schafft, durch Flexibilität auf dem schwierigen Markt zu bestehen und die Krise als Chance zu verstehen, der wird auch in ruhigeren Fahrwassern kein Problem damit haben, sein Unternehmen stets auf Kurs zu halten.
Denn Chancen gibt es genug, sie müssen nur erkannt werden. Ein bekannter Unternehmerspruch zu diesem Thema lautet: „Jedes nicht gelöste Problem bietet die Basis für eine neue Geschäftsidee!“.